Nachdem der Wendekreis des Krebses auch unser Wendepunkt auf dieser Reise war, sind wir nun wieder nach Norden unterwegs. Nach wenigen Kilometern kommen wir an einem Abzweig vorbei, der den Ort bzw. eine Sehenswürdigkeit beim Ort Imlili ausweist.
Die vier verschiedenen Karten nach denen wir fahren (inklusive 2 digitalen Versionen) weisen hierzu völlig unterschiedliche Angaben auf – der Ort ist entweder gar nicht existent oder er liegt an einer anderen Straße etwas weiter östlich oder er ist auf einer unbefestigten Straße zu erreichen. Je nachdem, welche Karte man sich ansieht…Hier vor Ort sieht die Straße, die dorthin führt erst einmal ziemlich gut aus und da wir sowieso nach einer Möglichkeit suchen, im Osten der Westsahara wieder nach Norden zu fahren, nehmen wir zunächst diese Möglichkeit, um ein wenig nach Osten zu kommen. Mal sehen, was uns erwartet.
Die Straße ist beinahe fast besser zu befahren als die N1 aber das lässt nach wenigen Kilometern schon erheblich nach: der Asphalt endet und bald danach wird aus der Piste eine ziemlich steinig-rumpelige Angelegenheit. Dann folgt wieder ein sandiges Stück und wir entschliessen uns, erst einmal etwas Luft abzulassen.
Gesagt, getan und nach knapp 25 Kilometern erreichen wir eine Brunnenanlage für die hier gelegentlich durchziehenden Nomaden und ein Schild, auf dem wir lesen können, was wir hier so zu sehen bekommen:
Das Schild macht uns schlauer: In der Senke vor uns liegen über 160 permanente sogenannte Wassertaschen mit Längen zwischen 0,5 und 55 Metern und einer Tiefe zwischen 0,4 und 4,6 Metern. Der Salzgehalt variiert zwischen 14 und 350 Gramm pro Liter (!!). Außerdem leben in vielen der kleinen Teiche Tilapia-Fische (die kannte ich bisher nur als Zuchtfische zum Grillen…)
Wir fahren also langsam in das flache Tal und folgen den Reifenspuren vor uns.
Eine schöne Landschaft öffnet sich: Hier wächst Schilf und der Boden ist überall bedeckt mit dicken grünen Polstern. Dazwischen ragen bewachsene, helle Sanddünen auf. Alles liegt völlig einsam da. Bis zum Horizont ist hier niemand zu sehen. Wie auch schon auf der Fahrt hierher sind wir hier völlig für uns. Ein wunderschönes Fleckchen Erde!
Wir kommen auf einem breiten, festgefahrenen Wegstück an, von dem aus man nur noch zu Fuß weitergehen kann und stellen unsere Fahrzeuge hier ab.
Vor uns liegen viele kleine und noch kleinere Teiche, in denen es von Leben nur so wimmelt. Sie sind untereinander nicht verbunden – jedenfalls ist auch am Grund der Mini-Seen keine mögliche Verbindung zu erkennen. Stellt sich die Frage: wie kommen die Fische hierhin? Außerdem gibt es Fische unterschiedlicher Größe – allerdings jeweils in einem eigenen Teich. Es sieht fast aus, als hätte sie jemand sortiert aber das ist in dieser einsamen Gegend nun wirklich nicht anzunehmen.
Hier kommen wohl nicht sehr oft Menschen vorbei – dieser Piepmatz ist jedenfalls ausgesprochen zutraulich
Nach unserer kleinen Besichtigungstour ergeben sich also Fragen über Fragen…
Aber die größte Überraschung wartet noch auf uns: als wir wieder in den Sternwanderer klettern und losfahren wollen, werden wir von einer unsichtbaren Hand zurückgehalten: was stimmt nicht? Irgendwas im Weg?Falscher Gang? Ein Blick aus dem Fenster auf das Hinterrad lässt Böses erahnen — der Sternwanderer ist hinten in den Boden eingesackt und das sieht gar nicht gut aus:
Der Platz auf dem wir stehen, befindet sich auf einem Salzsee und offensichtlich nicht so sehr am sicheren Randbereich, wie es gut gewesen wäre… Für Fahrzeuge mit LandRover–Gewicht mag die Tragfähigkeit der Salzkruste ja noch gerade so ausreichen aber für uns reicht´s wohl nicht. Jetzt heisst es erst einmal: Schaufeln ´raus und buddeln!
Wir durchbrechen die steinharte Kruste und stoßen nach etwas mehr als 20 Zentimetern Matsch und Lehm schon auf Wasser. Der Einsatz von Sandblechen wie auch von unseren Feuerwehr-Hebesäcken bleibt erfolglos. Ein Startversuch führt leider nur noch ein wenig tiefer in den Matsch.
Also weiterbuddeln und alles überflüssige Gewicht ausräumen inklusive Abladen des Mopeds. Wenigstens kommt man bei der Schräglage gut an all die Sachen dran…
Um uns nach vorne ziehen zu können, bringt sich Jürgen mit seinem Florian1 schräg vor uns in Stellung. Bisher hat er auf recht festem Untergrund gestanden aber an dieser Stelle bricht die Kruste ebenfalls ein und der Florian sackt in Zeitlupe hinten ein. Auf unser Zeichen hin bemerkt Jürgen die Gefahr und gibt alles, um den Matsch noch aus eigener Kraft wieder zu verlassen. Es gelingt und er sucht sich einen Platz auf der leicht ansteigenden Zufahrt zum Platz, etwa 70 Meter entfernt. – Nach vorne rausziehen hat sich gerade erledigt…
Die Spuren, die Florian hinterlässt sagen uns: kein guter Platz!
Mittlerweile sind gut 2 Stunden vergangen und es wird langsam dunkel und damit Zeit, aus dem Matsch ´rauszukommen, wenn wir nicht in extremer Schräglage überbnachten wollen.
Also der 1.Pilot ans Steuer – über Funkgerät mit Jürgen verbunden, um die Aktionen abzustimmen – hintere und mittlere Sperre ´rein und mit Windenunterstützung und genügend Gas nach hinten…Der Sternwanderer bewegt sich langsam aus dem Kaugummi-Matsch heraus. Stop. Weiter zurück geht nicht, da ab jetzt die schon sichtbar aufgeweichte Ebene des Salzsees beginnt. Unter den LKW krabbeln, Windenseil lösen. Der Untergrund gibt auch hier schon langsam wieder nach und es wird Zeit, wegzukommen. Jetzt wieder nach vorne, durch die eigene Spur und sofort nach rechts, um nicht wieder in weiche Bereiche zu fahren. Der Wagen wälzt sich durch den aufgerissenen Boden wie ein Tanker in schwerem Seegang. Der Aufbau schwankt in einer bemerkenswerten Amplitude von links nach rechts und zurück und die Reifen machen den Eindruck, als wenn sie dieses Durchgewalke auf den Felgen nicht mehr lange mitmachen wollen. Der Motor bewegt sich in ungewohnt hohen Drehzahlbereichen aber endlich gibt der Salzsee-Matsch widerwillig nach und entlässt den Sternwanderer auf sicherere Wege. Geschafft! Wir stellen den Sternwanderer zur Sicherheit für die Nacht noch auf den Sandblechen ab, um nicht am nächsten Morgen wieder von vorn anfangen zu müssen. Mit Florians Windenhilfe hat die ganze Aktion “nur” (mit Ein-und Ausräumen) rund 4 Stunden in Anspruch genommen aber es gibt ja durchaus Fälle, bei denen die Befreiung aus einem Salzsee mehrer Tage gedauert hat und wir können uns jetzt gut vorstellen, warum das so ist.
Erschöpft geniessen wir alle 4 jetzt unser wohlverdientes Bier. Es ist wundervoll still hier und bis auf die Sterne ist hier bis zum weit entfernten Hrizont kein einziges Licht zu sehen. In der Ferne rufen Schakale. Wir schlafen gut auf unseren Sandblechen und verlassen am nächsten Tag diese herrlich schöne – wenn auch tückische – Umgebung .
Sternwanderer in Salzkruste – tut dem Unterboden nicht ganz so gut
Eigentlich wirklich schön hier
Leider sieht der Platz jetzt aus, wie von einem Panzer umgegraben aber wir hinterlassen diesen absichtlich so (und budddeln die Löcher NICHT wieder zu) damit der nächste Besucher gewarnt ist.
Übungsplatz für Kettenfahrzeuge?
Bei dem notwenigen Wendemanöver versinkt der Florian noch einmal kurz in einer weichen Stelle, da diese aber nur ganz kurz ist, kann er sich aus eigener Kraft wieder auf den Weg bewegen. Puh – Glück gehabt. Nicht schon wieder buddeln!!
Mit immer noch abgelassenen Reifen geht es bis zum Brunnen zurück und ab dort gibt es wieder etwas Luft für die Reifen.
Der eigentliche Zweck dieser Fahrt war ja, eine Strecke nach Osten zu finden und unsere Karten weisen auch verschiedene Pisten aus. Wir suchen hier noch ziemlich lange herum aber die verzeichneten Strecken sind nicht aufzufinden. Auch keine andere Piste führt gen Osten sondern nur wieder nach Westen in Richtung N1.
Nach einiger Suche geben wir auf und tuckern wohl oder übel wieder in Richtung der N1. Schade eigentlich aber nicht zu ändern.
Im übrigen kann die Einsamkeit hier dem ein oder anderen Lebewesen wohl durchaus zum Verhängnis werden: in der weiten, leeren Landschaft liegen die Überreste eines Kamels und irgendwie wird einem bei dem Anblick doch ganz komisch zumute…
Nach rund 2 Stunden Such- und Pistenfahrt erreichen wir wieder die Zufahrt zur Hauptstraße – hier wollten zwar nicht unbedingt wieder hin aber wenigstens haben wir ein paar spannende Dinge erlebt…
Wir werden uns ein Stück weiter nördlich noch einmal auf die Suche nach einer Ostverbindung machen. Vielleicht haben wir dort mehr Erfolg.
* * *
FORTSETZUNG FOLGT
Den Lkw im Salzsee versenken, das war spannend zu lesen. Nun hat sich die Winde ja auch rentiert.
Ja, wobei es hier nicht unsere, sondern die Winde vom Florian1 war!